Droht ein Handelskrieg zwischen China und der EU? – DW – 14.06.2024

Droht ein Handelskrieg zwischen China und der EU? – DW – 14.06.2024
Droht ein Handelskrieg zwischen China und der EU? – DW – 14.06.2024
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Das Automobil ist eine deutsche Erfindung. Als Carl Benz 1886 sein „Fahrzeug mit Benzinmotor“ beim Patentamt anmeldete, wusste er bereits, dass es sich um ein internationales Geschäft handeln würde, denn der erste Kunde der Daimler-Motoren-Gesellschaft (Vorgänger von Mercedes-Benz) war Mulai al-Hassan Ich, Sultan von Marokko. Das erste Automobil in China erhielt die Kaiserinwitwe Cixi zu ihrem 67. Geburtstag im Jahr 1901.

Dass die chinesische Automobilindustrie rund 120 Jahre später zur härtesten Konkurrenz für die Deutschen werden würde, war nicht abzusehen, zumal beide Seiten über Jahrzehnte hinweg eine enge Zusammenarbeit pflegten. In China war Volkswagen das erste ausländische Unternehmen, das seit 1983 Fahrzeuge in einem Joint Venture in Shanghai produzierte. Der Santana und der Jetta dominierten jahrzehntelang die Straßen chinesischer Metropolen. Noch heute erzielen deutsche Hersteller von Luxusautos enorme Gewinne auf dem chinesischen Markt und sichern so Arbeitsplätze in ihrem Heimatland.

Rezensionen aus Berlin

Doch drei Tage nach der Europawahl kündigte die Europäische Kommission gegen den Widerstand der Bundesregierung und europäischer Hersteller Zölle von bis zu 38,1 Prozent auf Elektroautos aus China an. Die Kommission begründete die Maßnahme mit Wettbewerbsverzerrungen aufgrund hoher staatlicher Subventionen Chinas. Zuvor hatten die USA die Zölle auf Elektrofahrzeuge auf 100 Prozent erhöht.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), kritisiert: „Ein weiterer Schritt weg von der globalen Zusammenarbeit.“ Oliver Zipse, Chef von BMW, sagt: „Die Europäische Kommission schadet europäischen Unternehmen und Interessen.“ Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt davor, dass die Maßnahme zu weiteren Handelskonflikten führen könnte. Und der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck, der bald nach China reisen wird, setzt auf Verhandlungen und warnt vor einem „Zollwettlauf“.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission sind chinesische Elektroautos aufgrund staatlicher Subventionen zu billig.Bild: Blanches/HPIC/dpa/picture Alliance

Grüne Transformation „in Gefahr“

Die Antwort aus Peking ließ nicht lange auf sich warten. Ebenfalls am Mittwochabend bekräftigte das Pekinger Handelsministerium, dass es alle notwendigen Maßnahmen ergreifen werde, um die Interessen der chinesischen Autohersteller zu schützen. Nach Angaben eines Sprechers entbehrt die Entscheidung der Europäischen Kommission jeder rechtlichen oder tatsächlichen Grundlage.

„Wir brauchen China, um globale Probleme zu lösen“, sagt Müller vom VDA. „Dies gilt insbesondere für die erfolgreiche Bewältigung der Klimakrise. China spielt eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Transformation hin zu Elektromobilität und Digitalisierung. Auch ein Handelskonflikt würde diese Transformation gefährden.“

„Peking wird keine Zölle auf noch benötigte EU-Produkte erheben“, sagt Jakob Gunter, Experte am MERICS China Institute in Berlin. „Dazu gehören Maschinen, hochwertige Industriegüter, Chemikalien, Medizintechnik und andere Güter. Auch die großen europäischen Automobilhersteller sollten nicht ins Visier genommen werden, die massiv in China investieren, Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen und zum Wachstum beitragen.“ „Lebensmittel- und Getränkeprodukte, auf die chinesische Verbraucher verzichten können oder die chinesische Produzenten in ausreichender Menge herstellen können, wie etwa Schweinefleisch, könnten im Rampenlicht stehen.“

Gute Gründe für Strafzölle

Es gelte als sicher, dass Peking massiv subventioniert habe, meint DW-Wirtschaftsexperte Lars Halter. „Genaue Zahlen zur Höhe des Zuschusses können allerdings nicht genannt werden.“

„Es ist unbestreitbar, dass chinesische Hersteller durch massive staatliche Subventionen unfaire Wettbewerbsvorteile genießen“, sagte auch Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im ARD-Fernsehen. Ökonomen beobachten seit Jahren, dass China durch die gezielte Förderung bestimmter Industriezweige große Überkapazitäten schafft und dadurch die Preise auf dem Weltmarkt sinken. Dies verzerrt den Wettbewerb. Im Jahr 2023 wurde China erstmals Automobilexport-Weltmeister und überholte Japan und Deutschland.

(ies/ms)

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