Tier: ein scharfes Porträt von Saisonarbeitern und der Illusion, im Urlaub zu leben

Tier: ein scharfes Porträt von Saisonarbeitern und der Illusion, im Urlaub zu leben
Tier: ein scharfes Porträt von Saisonarbeitern und der Illusion, im Urlaub zu leben
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Tier (Griechenland-Österreich-Bulgarien-Rumänien-Zypern/2023). Drehbuch und Regie: Sofia Exarchou. Fotografie: Monika Lenczewska. Auflage: Dragos Apetri. Gießen: Dimitra Vlagopoulou, Flomaria Papadaki, Ahilleas Hariskos, Chronis Barbarian, Voodoo Jürgens, Kristof Lamp. Qualifikation: Geeignet ab 16 Jahren. Verteiler: Spät-E. Dauer: 116 Minuten. Unsere Meinung: sehr gut.

In einem Hotel an der griechischen Küste scheint jeder Sommer gleich zu sein. Die Touristen kommen und mit ihnen eine Gruppe von Animateuren, die jeden Abend singen und tanzen und die Abende voller Hitze und Meeresbrise in musikalische Rhythmen, Gelächter und Glitzer verwandeln. Aber neben den Saisonarbeitern, die aus verschiedenen Ländern wie Russland, Polen oder Kasachstan anreisen, gibt es auch solche, die Jahr für Jahr im gleichen Arbeitsalltag und im gleichen Sommer bleiben. Kalia (bekannt als Dimitra Vlagopoulou, Gewinnerin der Auszeichnung „Beste Schauspielerin“ beim Locarno Festival) ist seit sieben Jahren die Startänzerin des Hotels und diejenige, die stets die Neuankömmlinge trainiert, ihnen die Routinen und Tricks des Aufenthalts beibringt und immer bereit für den nächsten Song ist. „Vergiss nicht zu lächeln!“, warnt er seine neuen Jünger. Und nach jedem langen Tag bleibt nur noch Zeit für Gelegenheitssex, eine schnelle Dusche und das erneute Anziehen für die Disco, wo die jüngsten Touristen darauf warten, mit den befreiten Urlaubsschreien umhüllt zu springen und zu tanzen.

In ihrem zweiten Film als Regisseurin danach Park (2016) – über das Olympische Dorf von Athen – folgt Sofia Exarchou mit aufmerksamem Schritt und gespannter Kamera all ihren Charakteren, vor allem aber Kalia und denen, die diese improvisierte Gruppe von Gastgebern bilden, die zusammen arbeiten und leben, feiern und auch Zusammenkommen unterhält, während Touristen seinen Auftritten applaudieren. Jeder redet über das Land, aus dem er kommt, erinnert sich an seine Lieder und verbirgt dann die Melancholie, die ihn überwältigt, so wie die Lichtblitze mit den Schatten auf der Tanzfläche verwechselt werden. Die Jüngste unter den Neuankömmlingen ist Eva (Flomaria Papadaki), eine polnische Teenagerin, die aus ihrem Zuhause in Nowa Ruda, einer Kleinstadt an der Grenze zur Tschechischen Republik, weggelaufen ist, um woanders ihr Glück zu versuchen. Die Tänze und die Trunkenheit können das bittere Lächeln, das einen immer noch hoffnungsvollen Blick trübt, nicht vollständig auslöschen.

Exarchou verwebt geduldig und subtil die Welt, die Kalias Gegenwart umgibt und Evas Zukunft vorwegnimmt, ohne explizite, aber wahrnehmbare Hinweise auf die Logik von Saisonjobs, die Lage von Migranten und die Arbeitsplatzunsicherheit der jungen Generationen. Es bietet ein Porträt voller Einsamkeit und Traurigkeit, die hinter den Vibrationen der Kamera und der Aufregung der Nächte mit lauter Musik wahrgenommen wird. Bei einem der Gruppentreffen verkündet Eva, dass es ihr Geburtstag ist und nach dem obligatorischen „Happy Birthday“ erinnert sich Kalia an ein Lied aus ihrer Kindheit, das mit der Haut eines Tieres assoziiert wird, unter der der Körper einer jungen Frau erscheint. Eine dicke, ledrige Haut, die sie bedeckt und erstickt wie ein endloser Strand, dem sie nicht entkommen kann.

Das zeitgenössische Griechenland wird in einem Touristenpaket vereint, in dem Banalität und Geschichte ein Spektakel aus exotischen Tänzen und versunkenen Statuen bilden. Ein Leben voller Fassaden und Make-up, aus dem Kalia aufwacht, nicht ohne reißende Wunden. Eine kreisförmige Geschichte von Ankunft und Untergang, von einem Körper, der erschöpft ist, und einer Jahreszeit, die in den letzten Lichtern des Sommers verkümmert.

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